Im AlliiertenMuseum in Berlin
WIE AUS DEM KINO OUTPOST EIN MUSEUM WURDE
Bernd von Kostka ist Direktor des Museums und arbeitet dort bereits seit 23 Jahren. Die Bösen Wölfe haben ihn interviewt, Schwerpunkt war die Zeit der Blockade (1948/49). Sie haben viel Spannendes erfahren und gesehen.
Zum Alliierten Museum
Das Alliierten Museum gibt es seit Januar 1994. Vier Länder waren an seiner Gründung beteiligt: Amerika, Frankreich und England. Sie waren damals noch für 8 Monate in Berlin und haben 1994 all die Sachen zur Verfügung gestellt. Und als viertes Land war die Bundesrepublik Deutschland beteiligt, die das Museum nun allein weiter betreibt.
Was waren das früher für Gebäude?
Das Alliierten Museum teilt sich in 2 Gebäude auf.
Das Kino Outpost wurde 1952/53 gebaut. Es wurde so geplant, dass man sowohl live Musik und Theaterstücke als auch Kinofilme zeigen konnte. Vorne, wo jetzt die Kohlesäcke liegen, ist ein richtiger Orchestergraben. Dort haben die Musiker gesessen.
Die Major Nicholson Library (Nicholson-Gedenkbibliothek) wurde um 1975 gebaut und war mit etwa 25 000 Büchern die Hauptbibliothek der US-Streitkräfte in Berlin. Das heißt: Die Amerikaner, die zivilen Mitarbeiter, die Familien, die Schüler – gleich gegenüber gab es die amerikanische Schule – konnten alle mittags sich dort Bücher ausleihen.
Ist das Flugzeug da draußen ein echter Rosinenbomber?
Ja, es ist eine Hastings TG 503. Nur wenige Flugzeuge aus der Zeit der Luftbrücke sind heute noch erhalten. Die Hastings stand viele Jahre auf dem Flugplatz der britischen Streitkräfte in Berlin-Gatow.
Wie ist dieses große Flugzeug auf das Gelände gekommen?
Amerikaner, Briten und Franzosen wurden 1997 gefragt, ob sie einen Helikopter hätten, der groß genug ist, die Hastings hierher zu bringen. Da sie den nicht hatten, mussten wir den größten Transporthubschrauber der Welt, eine russische MI-2 beauftragen. Der Hubschrauber war größer als die Hastings. Es war eine sehr teure und aufwändige Aktion.
Wieso steht dort ein Zug?
Das ist der französische Militärzug TMFB, Train Militaire Français de Berlin. Außer während der Blockade, in der kein Zug fahren konnte, fuhr der französische Zug etwa dreimal in der Woche von Berlin-Tegel nach Straßburg. Es gab auch einen britischen und einen amerikanischen Zug. Diese Züge dienten dem Transport von Soldaten und deren Familienmitgliedern durch die DDR. Die Alliierten wollten auch ihr Recht nutzen, die Schienenwege durch die DDR zu benutzen. Deshalb fuhren die Züge, auch wenn sie nicht ausgebucht waren.
Im Museum
Zur Geschichte der Alliierten in Berlin
Das Museum zeigt die Geschichte der Westmächte und Berlins in der Zeit von 1945 bis 1994.
Berlin hat nur funktioniert, weil es den Viermächtestatus gab. Die vier Besatzungsmächte – die USA, Großbritannien, Frankreich im Westteil der Stadt und die Sowjetunion im Osten – haben sich die Arbeit in Berlin geteilt.
Im Kino Outpost werden die Jahre 1945 bis 1950 präsentiert. Es geht um den Sieg der Alliierten am Ende des Zweiten Weltkrieges, um die ersten Jahre der Besatzung und um den Aufbau der Demokratie. Die Berliner Luftbrücke 1948/49 steht dabei im Mittelpunkt.
Die Amerikaner haben den französischen Sektor komplett mitversorgt, weil die Franzosen keine Luftwaffe hatten, denn sie waren noch 1948 in einen Militärkonflikt in Indochina verwickelt. Deswegen konnten sie sich logistisch nicht an der Luftbrücke beteiligen. Es war aber wichtig, dass sie in Berlin geblieben sind, um den Viermächtestatus zu erhalten. Sie haben sich sowohl das Gebiet als auch die politische Arbeit geteilt.
Zudem wurde Tegel im französischen Sektor – neben Tempelhof im amerikanischen Sektor und Gatow im britischen – als dritter notwendiger Flughafen gebaut. Er wurde 1948 in einer Rekordzeit von 3 Monaten errichtet.
West-Berlin wurde versorgt, es hat jedoch die Güter bezahlt, also das Brot, das Mehl, die Kohle… alles, was eingeflogen wurde, war nicht geschenkt. Umsonst war der extrem teure Transport, der wurde von den Alliierten übernommen.
Die Güter wurden verteilt, es gab die Lebensmittel-Rationen, die man bei dem Lebensmittelhändler bekam. Bedürftige Familien erhielten zusätzlich CARE-Pakete.
Zum Film: Wann wurde der Film, der im Museum läuft, gemacht und wann haben die Leute ihn geschaut, wenn es immer nur 2 Stunden Strom gab?
Es ist ein Zeitdokument, gedreht wurde der Film zur Zeit der Luftbrücke, also 1948/49. Man sieht auch, wie die Flugzeuge ständig starten und landen. Die Leute konnten den Film nur im Kino sehen, es gab ja keine Fernseher. Das waren Nachrichten unter den Namen „Welt in Film“, sie liefen vor dem Kinofilm. Der Film diente vor allem dazu, in Westdeutschland zu zeigen, wie schlecht es den Berlinern ging. Damit die Hilfe für Berlin erhalten blieb.
Man sieht, wie die Leute nachts, wenn es Strom gab, zum Arzt gingen. Wie kamen sie dorthin?
Zu Fuß. Die Leute sind damals gelaufen, wenn die Straßenbahn nicht fuhr. Nur wenige hatten Fahrräder. Benzin und private Autos waren extrem selten 1948/49, man musste also laufen. Oder sich einen Arzt in der Nähe suchen und dann nachts zu ihm gehen.
Wie haben die Kinder es ertragen, in Armut zu leben?
Die Kinder gehörten zur Kriegsgeneration, das heißt, 3 Jahre zuvor gab es noch Krieg. Sie waren nicht an Luxus gewöhnt, dasselbe galt auch für die Erwachsenen. Wenn man es vom heutigen Standpunkt betrachtet, ist es schwer vorstellbar, aber für die Menschen damals war der Schock nicht so groß.
Im Flugzeug
Man sitzt hier im originalen Rosinenbomber, man riecht noch das alte Öl. Die Fenster müssen regelmäßig erneuert werden. Sie sind ganz dünn. Jede Schraube, jedes Fenster ist handgemacht. Es ist ein sehr großer Aufwand, dieses Flugzeug weiter zu betreiben und zu restaurieren.
Von Ostern bis Ende Oktober werden sonntags Filme von 1948/49 zur Luftbrücke hier im Flugzeug gezeigt.
Der Name Rosinenbomber ist ein bisschen irritierend. In der Tat war das wichtigste Gut, das während der Luftbrücke transportiert wurde, nicht Lebensmittel, sondern Kohle (fast 66%). Man denkt immer an Lebensmittel, aber eine Stadt braucht Energie.
Die Flugzeuge flogen mit Passagieren zurück, denn die Leute saßen in Berlin fest. Auch viele Nicht-Berliner mussten rausgeflogen werden, ebenso Kinder, die zu ihren Verwandten nach Westdeutschland geschickt wurden. (zwischen zehn- und fünfzehntausend). Rückflüge nach Berlin gab es nicht. Man wusste nicht, wie lange die Blockade anhalten würde. Deshalb war es für Eltern nicht einfach zu sagen, ja, unser Kind fliegt nach Westdeutschland, ohne zu wissen, wann sie sich wiedersehen würden. Es war so gedacht, dass die Kinder dort besser ernährt werden und auch, um die Anzahl der Personen in Berlin zu reduzieren.
Der Pilot Gail Halverson fing damit an, Schokolade aus dem Flugzeug zu werfen. Er warf sie nicht – wie viele es vermuten – vom Pilotensitz, denn sie wäre dann in den Motoren oder Propellern gelandet, sondern aus einem Fenster hinter den Motoren. Nach sechs, sieben Monaten wurde er versetzt und dann haben andere das auch so gemacht.
Was uns, Bösen Wölfen, besonders gut gefallen hat:
Das Museum zeigt sehr viele unterschiedliche Alltagsgegenstände: so kann man sich besser vorstellen, wie die Leute lebten, wie sie sich anzogen, wie sie durch Not erfinderisch wurden, wie die Presse berichtete, wie die Güter geliefert wurden, was für Sachen in einem CARE-Paket waren. Durch die kurzen Filme aus der Zeit erfährt man, wie die Menschen inmitten der Trümmer lebten. Und wie Berlin trotz Zerstörung sehr lebendig wirkte. Auch das Leben mit den Flugzeugen, mit dem ständigen Lärm sowie die Armut kommen gut raus.
Das Museum hat eine gute Größe. Es gibt nicht zu viele Infos, aber genug, dass man aufmerksam bleiben kann.
Die Struktur ist überschaubar, es ist schön, dass es in einem alten Kino/Theater ist, also an einem lebendigen Ort. Die beiden Brücken über dem ehemaligen Orchestergraben ermöglichen nicht nur Rollstuhlfahrern oder Kinderwagen den Zugang, sondern sie stellen die Luftbrücke sinnlich dar.
Die Dekoration mit den alten Kohlesäcken, den alten Zeitschriften und den Soldaten-Umrissen schafft eine angenehme Stimmung.
Wir fanden auch gut, dass amerikanische Familien rund um das Museumsgelände gelebt haben. Auch dass es einen super gut erhaltenen Rosinenbomber gibt, den man besichtigen kann, noch mit altem Geruch, oder einen Militärzug, das macht das Ganze spannend.
Ein besonderer Dank an Herrn von Kostka: er hat uns viel Interessantes in verständlicher Weise erklärt. Man spürte seine Begeisterung. Es war auch super, dass wir im Rosinenbomber sitzen konnten, um über diese Zeit zu reden. So wurde es alles noch besser nachvollziehbar.
Interview: Dagmara, Gaïa, Natalia, Nina und Simon
Zeichnungen: Rosalie und Simon
Text, Zeichnungen © Grand méchant loup | Böser Wolf
Fotos im Rosinenbomber © Grand méchant loup | Böser Wolf
Fotos: CARE Paket © AlliiertenMuseum Berlin
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