Das Französische Gymnasium in Berlin - eine besondere Schule
Das Besondere am Französischen Gymnasium
Ein Interview der Bösen Wölfe mit Ilka Steinke, seit 2015 Schulleiterin des Französischen Gymnasiums in Berlin
Was ist das Besondere an dieser Schule?
Es gibt zwei Verwaltungen, eine deutsche und eine französische mit zwei unterschiedlichen Schulsystemen, mit unterschiedlichen Schülern und Schülerinnen. Die Schwierigkeit ist manchmal, sie zusammenzubringen. Es geht also darum, beide Seiten so zu vereinen, dass alle zufrieden sind. Das ist wirklich eine Herausforderung.
Welche Unterschiede gibt es zwischen den deutschen und französischen Systemen?
Wir haben in erster Linie französische Rahmenpläne, die zum Baccalauréat führen, und daneben gibt es auch die deutschen Rahmenpläne, die für die Oberstufe, das heißt für die Vorbereitungen der Abiturprüfungen wichtig sind.
Es gibt auch das Büro der Vie Scolaire, das dem französischen System untersteht. Es ist gerade für die deutschen Eltern und Schülerinnen und Schüler befremdlich, weil es so etwas in Deutschland nicht gibt.
Es ist ein ganz eigener Bereich: Zuspätkommen wird sofort registriert. Die Schülerinnen und Schüler können sich nicht unbemerkt ins Gebäude schleichen. Alles ist genau geregelt. In diesem Büro zeigt man auch das Carnet d’Elève, ein persönliches Heft, das jeder Schüler und jede Schülerin erhält.
Die Lehrer und Lehrerinnen, die im deutschen System ausgebildet wurden, arbeiten mehr schülerorientiert, das heißt zum Beispiel, dass die Schüler und Schülerinnen häufiger die Gelegenheit haben, ihre Meinung zu äußern. In Deutschland werden Vertretungsstunden für fehlende Lehrer und Lehrerinnen organisiert. Diese Regelung gibt es im französischen System nicht.
Es sind einige Beispiele. Beide Systeme haben Vor- und Nachteile.
Welche Bedeutung hat die Geschichte der Schule für Sie?
Es hat mich sehr berührt, als ich feststellte, dass ich die Schulleiterin des ältesten Gymnasiums in Berlin bin - es besteht seit rund 327 Jahren - und dazu noch die erste Frau auf diesem Posten. Dass diese Schule sich ständig weiter entwickelt hat und sich auch den Zeiten anpassen musste, ist sehr interessant.
Werden Sie manchmal mit der Geschichte konfrontiert?
Ja. Ich habe zum Beispiel vor kurzem eine Mail von einem 90 Jahre alten Herrn bekommen, der selber Schüler des FG war. Als Jude emigrierte er während der Nazi-Herrschaft in die USA und lebt seitdem dort. Er hat recherchiert und festgestellt, dass hier, wo heute das FG steht, damals sein Elternhaus stand. Genau hier an diesem Platz. Er hat noch ein Foto von seiner Klasse aus den dreißiger Jahren beigefügt und eins von seinem Elternhaus. Sein Vater war Künstler wie auch sein Großvater, ein damals bekannter Berliner Bildhauer. Im Krieg ist alles zerstört worden. Deshalb hat mich der alte Herr gefragt, ob es möglich wäre, eine Tafel zum Gedenken an seinen Vater bzw. an sein Elternhaus im Schulgebäude anbringen zu lassen.
Das ist wirklich das Besondere: die Schule verbindet so viele Epochen und so viele Menschen miteinander. Viele ehemalige Schüler und Schülerinnen kommen auch hier vorbei, um sich an eine gute Zeit zu erinnern.
Wie finden Sie die Stimmung in der Schule?
Sie ist angenehm. Alle Kollegen und Kolleginnen sind sehr freundlich und entgegenkommend. Und was mich wirklich an den Schülern und Schülerinnen beeindruckt, ist deren Engagement. Viele engagieren sich auch sehr außerhalb des Unterrichts. Eine 6. Klasse hat kürzlich einen Wettbewerb gewonnen und fährt zum Finale nach Hannover.
Das ist doch ein sehr schöner Erfolg.
Kommentare
Neuen Kommentar schreiben