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Ein französischer Soldat in Berlin

Niemiecki
Europakarte mit Berlin. Französische Soldaten von der Musikkapelle

Die Deutschen haben uns sehr freundlich aufgenommen

Als französischer Alliierter leistete Jean-Claude seinen Wehrdienst in Berlin. Es war 1962-64. Er erzählt uns von seinem Alltag in der Kaserne, vor allem jedoch von Begegnungen mit Deutschen. Und warum diese Zeit sein Leben geprägt hat...

Train militaire français de Berlin

Wann gingen Sie nach Berlin?

Mein Wehrdienst fing am 3. November 1962 an. Ich war damals 22 Jahre alt. Ich wurde nach Laon (Nordfrankreich) einberufen. Nach dem Check-in bekam ich eine Militäruniform und musste eine rote Armbinde tragen. Gegen Abend nahmen wir einen Militärzug, man wusste nicht wohin. Am frühen Morgen stellten wir fest, dass wir in Straßburg waren. Nach stundenlangem Warten sagte man uns, dass alle, die eine rote Armbinde tragen, noch am selben Abend mit einem Sonderzug nach Berlin fahren würden!

Ein französischer Soldat in BerlinWie haben Sie reagiert?

Ich war überrascht, so weit zu fahren, und dann spürte ich langsam eine gewisse Unruhe in mir. Die Mauer wurde vor etwas mehr als einem Jahr gebaut! Tag für Tag wurde sie befestigt, erweitert! Der Kalte Krieg mit der Sowjetunion erreichte einen Höhepunkt. Und West-Berlin war von der DDR umzingelt! Ich würde lange nicht nach Hause kommen. Die Kubakrise wurde gerade gelöst. Ich ging in ein Gebiet, in dem sich internationale Konflikte anhäuften.

Bei Tagesanbruch bemerkten wir, dass wir durch die DDR, durch einen Korridor fuhren, um West-Berlin zu erreichen. Wenn der Zug hielt, bewachten russische Soldaten unseren Konvoi. Einige unter ihnen fragten nach Zigaretten oder Souvenirs und boten eine Medaille dafür. Der Kontakt schien einfach.

Wie waren Ihre ersten Eindrücke?

Auf dem Bahnsteig empfing uns die Musikkapelle der französischen Alliierten in Berlin. Dieses Gefühl bei dem Empfang war zwiespältig: es war einerseits sehr warmherzig, jedoch unheimlich. Warum uns gleich verwöhnen? Würde unsere Aufgabe so schwierig werden?

Können Sie uns den Alltag in der Kaserne beschreiben?

Wir standen um 6 Uhr auf, vom Signalhorn geweckt. Nach dem Frühstück gab es täglich Training: Joggen, Sportübungen, Umgang mit Waffen und Militär- Manöver. Wir standen um 6 Uhr auf, vom Signalhorn geweckt. Nach dem Frühstück gab es täglich Training: Joggen, Sportübungen, Umgang mit Waffen und Militär- Manöver. Die Disziplin war damals sehr hart. Nachts gab es regelmäßigen  Probealarm, man musste aufstehen und ein oder zwei Stunden aufgereiht im Hof bleiben. Wir wussten nie, ob es nur eine Übung war oder ob mehr daraus wurde.
Nach fünf Monaten bot mir ein befreundeter Musiker an, dem Orchester beizutreten. Ich spielte Tenorsaxophon. Von nun an hat sich mein Leben als Soldat geändert. Unsere Übungen waren auf Musik ausgerichtet: Am Morgen übten wir meistens allein, am Nachmittag gab es Orchesterproben. Es war viel weniger militärisch.

Westberlin 1963Gingen Sie auch in Berlin aus?

Ja, am Wochenende. Wir wurden sofort freundlich aufgenommen. Wenn wir ins Café gingen, gaben uns Deutsche oft einen aus und redeten gern mit uns. Am Samstagnachmittag besichtigten wir die Stadt. Das Stadtzentrum und der Kurfürstendamm waren unsere Lieblingsorte. Wir sahen uns auch die Mauer am Brandenburger Tor, Schloss Charlottenburg und das Dahlem Museum an.

Trafen Sie auch regelmäßig Deutsche?

Um Weihnachten herum bot man uns an, deutsche Familien zu treffen, die bereit waren, uns in unserer Freizeit einzuladen. Es war auch so, dass wir unsere Familien nicht sehen konnten. Es lag an der Entfernung, aber auch an den Schwierigkeiten durch die DDR zu fahren. Es war die Gelegenheit, an einem Familienleben teilzunehmen. Ich schrieb mich ein.
So lernte ich meine erste deutsche Familie kennen, sie war sehr anständig, es gab gemeinsame Gespräche am Familientisch. Das Lehrerehepaar hatte eine zwanzigjährige Tochter, Ingrid, Studentin, die Französisch lernte.Nach dem Tee und der leckeren Sahnetorte bot mir das Mädchen ein Gesellschaftsspiel an. Ich besuchte sie jeden zweiten Sonntag um 16 Uhr. Nach dem Tee und der leckeren Sahnetorte bot mir das Mädchen ein Gesellschaftsspiel an. Ich sprach kaum Deutsch und das Mädchen versuchte Französisch zu sprechen. Unsere Gespräche blieben einfach, wir sprachen oft über unsere Familien, über unsere jeweiligen Traditionen. Wir sprachen nicht über Politik. Einige Jahre lang nach meiner Rückkehr schickten wir uns Glückwunschkarten zum Jahresende.

Gab es andere wichtige Ereignisse?

Landung Kennedy 1963 in BerlinJa, am 26. Juni 1963, während John F. Kennedys Besuch in Berlin, hatte ich das "Privileg" am Flughafen zu sein, um ihn mit der Militärmusikkapelle willkommen zu heißen, in der ich Saxophon spielte. Anwesend waren auch Konrad Adenauer, Willy Brandt. Es war ein außergewöhnlicher Moment, der in die Geschichte einging.

Was bedeutet diese Zeit für Sie heute?

Diese Zeit war entscheidend in meinem Leben. Deutsche kennenzulernen war sehr einfach, sie waren sehr offen, sehr gastfreundlich. Sie wollten tiefe Beziehungen zu uns aufbauen, das war ergreifend. Auch ihre Aufgeschlossenheit zu erleben. Ich hätte mir jedoch gewünscht, dass Franzosen es auch so sehen. Nach meiner Rückkehr verstanden manche meine Verbundenheit mit Deutschland und seinen Bewohnern nicht.
Ich bin auch von der starken Erinnerung geprägt, mit dem Besuch von John F. Kennedy ein großartiges Ereignis erlebt zu haben.Heute erinnere ich mich vor allem an diese unzerstörbare Beziehung zu den Berlinern. Ich bin auch von der starken Erinnerung geprägt, mit dem Besuch von John F. Kennedy ein großartiges Ereignis erlebt zu haben.

Am 27. Februar 1964 kehrte ich nach Frankreich zurück, zwar befreit von der Dienstpflicht, jedoch traurig, da ich mich von meinen deutschen Freunden und vor allem von meiner "Mutti" aus Berlin trennen musste.

Haben die Alliierten eine wichtige Rolle dabei gespielt, Menschen zusammenzubringen?

Ja, das führte dazu, dass man sich besser kennenlernte, sich gegenseitig achtete. Menschen aus verschiedenen Ländern, die in Berlin waren, näherten sich durch eine Begegnung auf der Straße an, man ging etwas zusammen trinken oder durfte an Familienleben teilnehmen. Wären die Soldaten nur in ihren Kasernen geblieben, wären keine Freundschaften entstanden. Der starke Wunsch, sich Jahre danach noch zu treffen, lag an der herzlichen Gastfreundlichkeit der Berliner. Wer weiß, vielleicht hat dieser frühe Austausch auch zur späteren Entwicklung der Partnerschaften zwischen vielen deutschen und französischen Städten beigetragen? deutsch-französische FreundschaftUnd ist solch eine Verbindung nicht einer feindlichen militärischen Besetzung vorzuziehen? Heute versucht Europa, immer mehr Menschen zu vereinen. Es sind jedoch die Bürger jedes Landes selbst, die Freundschaft und Frieden durch ein Zusammenkommen schmieden.

Interview mit Jean-Claude: Die Redaktion
Zeichnungen: Anissa, Felix, Gaïa und Natalia
Text, Zeichnungen © Grand méchant loup | Böser Wolf
Foto © JC Loie

 

 

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